Arbeitsrecht – Arbeitszeugnis
Rechtsanwalt Philip Gschwind - Kanzlei Sameli Thür Rechtsanwälte , Zürich · Tel: +41 (0)44 218 60 07 · E-Mail: info@rechtsanwalt-gschwind.ch
Arbeitsrecht – Arbeitszeugnis
Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen rechtlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Unterschieden wird hier vom Gesetz zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis. Bei einem einfachen Zeugnis bestätigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer lediglich, dass er innerhalb eines bestimmten Zeitraums für das Unternehmen tätig war. In der Regel ist dieses nicht strittig und da keine Leistungsbeurteilung vorgenommen wird, ist ein Rechtsanwalt nicht erforderlich.
Komplizierter wird es beim qualifizierten Arbeitszeugnis, in dem eine Bewertung der Leistung beim Arbeitgeber erfolgt. Hieraus soll sich ein neuer Arbeitgeber ein möglichst konkretes Bild von den Aufgaben und Leistungen des Arbeitnehmers machen können. Dieses Zeugnis ist in der Praxis wesentlich häufiger anzutreffen, führt öfter zu Streit und die Einschaltung von einem qualifizierten Rechtsanwalt ist in der Regel sinnvoll.
Wird ein Unternehmen verkauft oder der Arbeitnehmer wird versetzt oder erhält einen neuen Vorgesetzten, hat er auch bei Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit einen rechtlichen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Ein solches ist in der Regel auch anzuraten.
Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung seiner Tätigkeit Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, welches umfassend und genau die Tätigkeiten beschreibt, die der Arbeitnehmer im Unternehmen ausgeübt hat. Hierzu gehört auch ein entsprechendes Aufgabenprofil.
Konkret muss das qualifizierte Arbeitszeugnis folgende formale Punkte enthalten:
Oft ist es schon sinnvoll von einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen, ob allein schon die formalen Punkte vom Arbeitgeber eingehalten wurden.
Das Arbeitszeugnis muss verständlich geschrieben sein und darf die weitere berufliche Karriere des Arbeitnehmers nicht behindern oder gar unmöglich machen. Letztlich ist es häufig so, dass ein Arbeitszeugnis darüber entscheidet, ob der Arbeitnehmer bei einer Bewerbung zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird und die Möglichkeit erhält sich persönlich vorzustellen.
Da dem Zeugnis so eine zentrale Bedeutung zukommt, geht es für den Arbeitnehmer darum, sich die Formulierungen im Arbeitszeugnis sehr genau anzusehen. Oft verbergen sich hier Tücken und sich auf den ersten Blick gut anhörende Formulierungen erweisen sich als echte Fallstricke. Hier ist der Rat von einem Rechtsanwalt dringend empfehlenswert.
Schreibt der Arbeitgeber beispielsweise über den Arbeitnehmer, dass er seine Arbeit «zur vollen Zufriedenheit» erledigte, hört sich dies zunächst sehr positiv an, entspricht in Schulnoten aber nur einem «Befriedigend». Bei einem «sehr gut» müsste der Arbeitgeber schon schreiben, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit «stets zur vollsten Zufriedenheit» erledigte.
Achten sollte ein Arbeitnehmer auch darauf, dass er sich gegenüber seinen Kollegen und Vorgesetzten «vorbildlich» verhalten hat und dass das Unternehmen bedauert einen guten Mitarbeiter zu verlieren. Dies wird in der Regel noch mit der Klausel unterstützt, dass ihm das Unternehmen alles Gute für die weitere Zukunft wünscht.
Manchmal gibt es hier zwischen den Zeilen erhebliche Einschränkungen, die dem Arbeitnehmer nicht direkt auffallen. Ein Arbeitnehmer kann aber mit Sicherheit davon ausgehen, dass das Personalbüro beim möglichen neuen Arbeitgeber über qualifiziertes Personal verfügt, die alle versteckten Klauseln identifizieren und deuten können. Ein geschulter Rechtsanwalt kennt diese Formulierungen auch und sollte mit dem Arbeitnehmer daran gehen, solche Klauseln aus dem Arbeitszeugnis heraus zu bekommen. Immerhin hängen unter Umständen seine weiteren Berufschancen davon ab.
Oft ist es auch so, dass der bisherige Arbeitgeber eher ein kleines Unternehmen ist und die «Zeugnissprache» nicht so genau kennt. Dann steckt in ungünstigen Formulierungen keine Absicht. Das neue Unternehmen, bei dem sich der Arbeitnehmer bewirbt, weiss dies jedoch nicht und deutet die Formulierungen als Verfehlungen beim bisherigen Arbeitgeber. Dies verringert seine Möglichkeit auf eine Einstellung. Ein Arbeitnehmer sollte auch bei versehentlichen ungünstigen Formulierungen einen Rechtsanwalt mit der Prüfung beauftragen.
Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Mindestnote gibt es nicht. Allerdings ist es nach der ständigen Rechtsprechung so, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf ein wohlwollendes Arbeitszeugnis mit einer Mindestnote von «befriedigend» hat. Möchte der Arbeitnehmer eine bessere Bewertung haben, muss er nachweisen, dass seine Leistungen besser als durchschnittlich waren. Möchte der Arbeitgeber dagegen eine schlechtere Bewertung abgeben, muss er auch dieses entsprechend nachweisen.
Oft sind Formulierungen im Arbeitszeugnis ungünstig und liegen in der Bewertung unter der Note «befriedigend». Hier sollte auf jeden Fall ein Rechtsanwalt prüfen, den Arbeitnehmer hierauf hinweisen und im schlimmsten Fall auch gegen den ehemaligen Arbeitgeber klagen.
Ein Arbeitszeugnis ist für die weitere berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers von zentraler Bedeutung. Daher sollte hiermit nicht leichtfertig umgegangen werden. Ungünstige Formulierungen im Arbeitszeugnis können leicht verhindern, dass ein potentieller neuer Arbeitgeber den Interessenten zu einem Vorstellungsgespräch einlädt.
Sinnvoll ist es daher, von einem qualifizierten Rechtsanwalt das Arbeitszeugnis auf versteckte Klauseln zu untersuchen. Es ist extrem schwer für einen Arbeitnehmer die «Zeugnissprache» der Personalverantwortlichen zu entschlüsseln.
Aber selbst ein Arbeitnehmer, der Schwierigkeiten bei seinem bisherigen Arbeitgeber hatte, hat Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis mit einer wenigstens durchschnittlichen Bewertung.