Steuerstrafrecht & Selbstanzeige
Rechtsanwalt Philip Gschwind - Kanzlei Sameli Thür Rechtsanwälte , Zürich · Tel: +41 (0)44 218 60 07 · E-Mail: info@rechtsanwalt-gschwind.ch
Steuerstrafrecht & Selbstanzeige
Das Steuerstrafrecht dreht sich um die Steuerhinterziehung und die leichtfertige Steuerverkürzung. Während die Steuerhinterziehung vorsätzlich begangen sein muss, wird bei der leichtfertigen Steuerverkürzung Fahrlässigkeit vorausgesetzt. Auch der Versuch und die Beihilfe sind strafbar. Das Steuerstrafrecht ist zwar mit dem Strafrecht verknüpft, leitet sich jedoch vor allem aus der Abgabenordnung (AO) her. Beim Steuerstrafrecht handelt es sich um sog. Nebenstrafrecht, für welches der allgemeine Teil des Strafgesetzbuches (StGB) ebenso gültig ist.
In der Schweiz lassen sich drei Grundtatbestände unterscheiden:
Wurde eine Steuerhinterziehung begangen, bietet das Steuerstrafrecht mit dem § 371 Abs. 3 AO durch die Selbstanzeige eine Möglichkeit, Straffreiheit zu erlangen. Voraussetzung dafür sind die Offenbarung des Fehlverhaltens und die Zahlung der Steuer nebst Zinsen. Dies gilt nach § 378 Abs. 3 auch für Fälle der leichtfertigen Steuerverkürzung. Die Selbstanzeige kann schriftlich oder mündlich abgegeben werden. Die Schriftform ist jedoch zu empfehlen.
Eine Selbstanzeige muss nicht als solche bezeichnet werden und kann zum Beispiel die Form einer korrigierten Steuererklärung haben. Die Straffreiheit ist bis zu einem Hinterziehungsvolumen von 25.000 Euro gewährleistet. Höhere Beträge erfordern die Zahlung eines Zuschlags. Das sind bei 25.000 Euro 10 %, ab 100.000 Euro 15 % und bei mehr als einer Million Euro 20 %. Gibt es mehrere Tatbeteiligte, müssen alle gemeinsam eine Selbstanzeige vornehmen, ansonsten sind die anderen Täter nach Steuerstrafrecht nicht strafbefreit. Adressat der Selbstanzeige ist immer nur das örtlich und sachlich zuständige Finanzamt oder bei mehreren Personen mehrere Finanzämter. Eine Selbstanzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft führt zu Ermittlungen und verhindert die Straffreiheit im Steuerstrafrecht.
Die Selbstanzeige muss erstattet werden, ehe Sperrgründe vorliegen, die die Selbstanzeige unwirksam machen.
Die Festsetzungsfrist beträgt bei der Steuerhinterziehung 10 Jahre und bei der Steuerverkürzung 5 Jahre. Auf diesen Zeitraum sollte sich der Inhalt der Selbstanzeige beziehen.
Es ist dringend davon abzuraten, eine Selbstanzeige ohne Rücksprache mit einem Rechtsanwalt vorzunehmen. Es besteht die Gefahr, dass aufgrund von Fehlern die Selbstanzeige Ermittlungen im Steuerstrafrecht auslöst, die Straffreiheit aber zugleich verwirkt. Ein Rechtsanwalt sollte zumindest beratend bei der Selbstanzeige mitwirken.
Im Steuerstrafrecht verhindern Sperrgründe in der Schweiz und in Deutschland die strafbefrefreiende Wirkung der Selbstanzeige. Dazu gehören die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung, die Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bussgeldverfahrens, das Erscheinen eines Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung oder Ermittlung einer Steuerstraftat, die Umsatzsteuer- oder Lohnsteuernachschau, eine entdeckte Steuerstraftat, eine Steuerverkürzung von mehr als 25 000 EUR nach § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO und in schweren Fällen der Steuerhinterziehung nach § 371 Abs. 2 Nr. 4 AO.
Bei Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ist es dem Täter nur noch möglich, eine partielle Selbstanzeige abzugeben, welche sich auf Steuerarten und -jahre bezieht, die nicht Gegenstand der Prüfung sind.
Bei einer Umsatzsteuer-/Lohnsteuernachschau oder einer Nachschau aus anderen steuerrechtlichen Vorschriften, zu der ein Amtsträger erschienen ist und sich ausgewiesen hat, kann der Sperrgrund entfallen, sobald die Nachschau ergebnislos beendet worden ist.
Der Sperrgrund für eine Steuerverkürzung von mehr als 25 000 EUR pro Tat entfällt, wenn Zinsen und ein Hinterziehungsbetrag gemäss § 398a Abs. 1 AO an die Staatskasse gezahlt werden. Selbiges gilt für schwere Fälle der Steuerhinterziehung.
Um herauszufinden, ob im konkreten Fall ein Sperrgrund nach Steuerstrafrecht vorliegt, ist es die Absprache mit einem Rechtsanwalt zu empfehlen.
Von der Selbstanzeige zu unterscheiden ist die steuerliche Berichtigungserklärung. Mit dieser räumt das Steuerstrafrecht einen Weg ein, unwissentlich gemachte falsche Angaben unverzüglich zu korrigieren. Bei Unterlassen macht sich der Steuerpflichtige jedoch wie gehabt der Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung schuldig. Die Berichtigungserklärung sollte im Zweifel bei problematischen Sachverhalten die Anforderungen einer Selbstanzeige erfüllen. Damit auch bei einer Berichtigungserklärung keine fatalen Fehler gemacht werden, ist auch hier der Rat von einem Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht hilfreich.
Ein Vergehen im Steuerstrafrecht kann steuerrechtliche und strafrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen, die eine strafrechtliche Verurteilung und die Nachzahlung der Steuern zur Folge haben. Schon bei der Fahndungsdurchsuchung in den Wohn- und Geschäftsräumen kann das falsche Verhalten Konsequenzen bedeuten. Der Steuerpflichtige muss die Fahndungsdurchsuchung und Beschlagnahme in der Regel zwar erdulden, darf jedoch schweigen und sollte unmittelbar einen Rechtsanwalt anrufen. Er kann ausserdem der Durchsuchung selbst und einer Beschlagnahme widersprechen. Die Wirksamkeit des Beschlusses sollte ebenfalls überprüft werden. Das Protokoll muss nicht unterzeichnet werden und sollte zuvor auf Richtigkeit überprüft werden.
Durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) wurde der sog. Corporate Governance im Unternehmen weiter entwickelt. Der § 91 Abs. 2 AktG verpflichtet den Vorstand einer Aktiengesellschaft Massnahmen zu treffen, vor allem ein Überwachungssystem einzusetzen, um gefährdende Entwicklung frühzeitig zu erkennen. Die Sorgfaltspflicht von Vorstand und Aufsichtsrat erfordert ein Risikofrüherkennungssystem und Aussagen zu Unternehmensrisiken im Lagebericht.
Auch diesbezüglich hilft ein Rechtsanwalt für Steuerrecht weiter.
Vergehen und Verstösse im Steuerstrafrecht zählen, auch in der Schweiz, nicht mehr zu den Kavaliersdelikten. Steuerverkürzung bzw. Steuerbetrug und Steuerhinterziehung können mit Geldstrafen oder in schweren Fällen sogar mit einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren geahndet werden. Weitere verwaltungsrechtliche und sonstige Nebenfolgen sind die Verhängung eines Berufsverbots, ein Eintrag in das Gewerbezentralregister oder eine Gewerbeuntersagung. Besonders riskant sind Verurteilungen nach Steuerstrafrecht in Berufen, die eine Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) benötigen, sowie für Beamte, Rechtsanwälte und Steuerberater.
Eine Selbstanzeige hat viele Fallstricke und kann im schlimmsten Fall Ermittlungen auslösen und zugleich die Straffreiheit verwirken. Ein Rechtsanwalt ist also in diesen Fällen dringend anzuraten. Spätestens wenn es schon zu Ermittlungen kam oder Sie damit mit Klageerhebung rechnen, ist ein Rechtsanwalt notwendig. Je früher ein Rechtsanwalt eingeschaltet wird, umso wahrscheinlicher lässt sich Schlimmeres verhindern.
Als Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht helfen wir Ihnen weiter.